வணக்கம்
Vannakam!
So viele Eindrücke, Begegnungen und
auch Probleme seit meinem Aufbruch. Es ist so vieles anders als in
meinen Vorstellungen geworden. Erst jetzt, wo ich mich etwas daran
gewöhnt habe, kann ich berichten. Und ich möchte so viel berichten,
da alles für mich fremd und neu ist und ich euch daran teilhaben
lassen möchte.
Abschied und Ankunft
Schon hier ist
alles anders gekommen, als ich gedacht habe. Wegen dem
Lufthansa-Streik begann meine Reise einen Tag früher als geplant.
Auf dem Flug nach Abu Dhabi, der von Koranversen begleitet war, um
für die Sicherheit des Fluges zu sorgen, hatten Gedanken über den
ausgefallenen Abschied gar keinen Platz mehr, denn die Aufregung auf
das Neue und Unbekannte stieg. Als ich dann auf dem Flug nach
Bangalore realisierte, dass ich die einzige „Weiße“ unter
Dutzenden Indern war, kam mir nur der Gedanke: „Daran kannst du
dich schon mal gewöhnen.“. Spät nachts in Bangalore angekommen
war mein einziges Ziel, durch die Visumskontrolle zu kommen und John
(den Chef meiner Organisation) zu finden. Das Visum machte keine
weiteren Probleme, aber die Suche nach John gestaltete sich
schwierig. Nach großer Verzweiflung über nicht funktionierende
Handys und falsche Nummern wurde ich endlich gefunden. Der Empfang
war herzlich und ich wurde gleich zu meiner Unterkunft in Bangalore
gebracht.
Bangalore
Meine Unterkunft
in Bangalore war in der Familie meines Chefs. Während meiner Zeit in
Bangalore bin ich leider nur selten aus dem Haus gekommen, da die
Eltern berufstätig sind und die beiden Kinder zur Schule gehen.
Trotzdem habe ich einiges von der indischen Kultur mitbekommen. Nach einigen Autoriksha-Fahrten (die
hier nur „autos“ heißen) durch die Stadt habe ich wenigstens
einen kurzen Blick auf die Stadt und die indische Kultur bekommen,
die man sonst nur von Fotos kannte. Es sind einfach überall Menschen
auf den Straßen und der Verkehr läuft nach überhaupt keinen Regeln
ab, obwohl immer auf riesigen Schildern hingewiesen wird: „Follow
traffic rules!“. Aber von Regeln kann hier gar nicht die Rede sein:
Jedes „auto“ und jedes andere Fahrzeug fährt kreuz und quer,
Hauptsache nicht anhalten. Eine Straßenüberquerung ist hier
wirklich lebensgefährlich (ich hab mittlerweile gelernt, dass
„autos“ und Mofas im Notfall anhalten, aber andere Fahrzeuge
nicht). Ganze 4-köpfige Familien auf ein Mofa gequetscht, überfüllte
Busse, Transporte von gefährlichen Gütern wie dutzende Gasflaschen
und riesige Metallstäbe in „autos“, weiße Oldtimer, die als
Taxis oder Regierungswagen benutzt werden und sehr an die
Kolonialzeit erinnern und bunt bemalte, mit Blumen und Kitsch
behängte und beschriebene LKWs, die für mich am faszinierendsten
sind. Dieses ganze bunte Treiben spielt sich in einer
ohrenbetäubenden Lautstärke ab. Jedesmal wenn man überholt oder
einfach Lust dazu hat, wird laut gehupt, und das ist ständig.
Als wir einmal
raus auf die Straße gegangen sind, um Sachen zu besorgen, ist mir
aufgefallen, dass es überhaupt keine Mülleimer gibt und Toiletten
auch nicht. Das heißt der Müll wird mitten auf der Straße
verbrannt und Kinder und Erwachsene pinkeln einfach auf den
Bürgersteig.
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Mein Viertel in Bangalore |
Bangalore – Chittoor
Von Chittoor wurde
mir von den Indern immer nur erzählt: „Es ist viel heißer, das
Essen ist schärfer und die Menschen können kaum Englisch.“
Schon die Fahrt
nach Chittoor fand ich sehr aufregend, da man den Gegensatz von Stadt
und Land gut sehen und ich die Landschaft in aller Ruhe betrachten
konnte. Es hat erst mal Stunden gedauert, aus Bangalore
herauszufahren, da die Stadt einfach riesig ist. Doch auf dem Weg ist
nicht unbewohnte Natur, hier ist einfach jedes bisschen Land
irgendwie genutzt. Auf unserem Weg waren Ferienanlagen, Gemüse- und
Reisfelder auf denen gearbeitet wurde, ärmliche Holzhütten und
Straßenverkäufer. Und auch die Landschaft ist vollkommen anders als
in Deutschland. Statt Vögeln sitzen Affen auf den Bäumen und die
Straßenschilder hier warnen nicht vor Rehen sondern vor Elefanten,
die die Straße kreuzen, aber ich habe leider keinen gesehen. Überall
sind Hindutempel, Palmen, Berge aus riesigen Steinblöcken und lauter
kleine Dörfer. Als ich in Chittoor aus dem Auto ausgestiegen bin,
traf mich erstmal der Schlag. Obwohl wir abends angekommen sind, war
es so heiß. Jetzt kann ich erst verstehen, warum die Menschen sagen,
dass das Wetter in Bangalore so angenehm ist.
Chittoor
Ich kann auf jeden
Fall alle bestätigen, was mir über Chittoor gesagt wurde. Es ist
viel heißer dort, das Essen ist schärfer und die meisten Menschen
sprechen kaum Englisch. Es ist schon eine große Stadt und sie ist
die einzige richtige Stadt in diesem Distrikt. Man kann dort
eigentlich alles bekommen, was man zum Leben braucht. Deshalb kommen
auch viele Menschen aus den Dörfern hierher und man merkt, wie die
Stadt ländlich geprägt ist. Auch alle Verwaltungsgebäude vom
Distrikt sind in unserer Stadt und wenn ein Dorf eine Angelegenheit
wie einen neuen Brunnen oder ähnliches hat, muss es hierherkommen.
Aber nicht nur ein oder zwei Menschen, dafür braucht man das ganze
Dorf und das wird dann mit Traktoren auf Anhängern einfach komplett
vor die Behörde gefahren. Manche Häuser hier stammen noch aus der
Kolonialzeit, doch diese
sind aber zugemalt und -geklebt mit Reklame, wie es hier mit jedem
Haus passiert.
Sonst gibt es
eigentlich nicht viel über die Stadt zusagen. Sie hat keine großen
Sehenswürdigkeiten und ist aufgebaut wie jede typische indische
Stadt mit tausenden Läden und so vielen Schulen, Tempeln, Kirchen
und allem möglichen. Da hier viel mehr Kinder leben, als in
deutschen Städten, brauchen sie auch viel mehr Schulen. Außerdem
ist es bekannt für seine Mangos, von denen es hier hunderte Sorten
gibt. Leider hab ich die Mangosaison verpasst. Doch in der Saison, im
Sommer, wird es um die 40° und auch manche Anwohner können die
Hitze nicht ertragen..also bin ich eigentlich ganz froh darüber! Im
Moment ist hier Winter, aber bei 30-35°, die die meiste Zeit
herrschen, kann man über das Wort Winter nur lachen.
In den Straßen
ist immer ein gewisser Gestank vorhanden. Der Geruch von dem ganzen
Müll auf der Straße (der irgendwann mal verbrannt wird), den
Wasserabflüssen, Staub, Jasminblüten, Kuhdung und vielem vielem
mehr. Aber es gibt hier sogar Umweltaktivisten, die an die Wände
„No plastic, nature ist good“ und so weiter geschrieben haben.
Tiere sind hier natürlich auch selbstverständlich: Kühe sind
überall auf den Straßen zu sehen und sie legen sich auch gerne
überall hin. Letztens habe ich sogar eine Kuh gesehen, die in einem
„auto“ mitgefahren ist. Warum auch immer... Außerdem sind hier
hunderte Straßenhunde, was mir vorher gar nicht so bewusst war. In
meinem Wohnviertel sind leider 2 Hundebanden, die sich nachts gerne
vor meinem Fenster bekämpfen. Den geht man am besten auch aus dem
Weg! Genauso wie den Affen, die manchmal in den Straßen sind. Sie
gehen oft in die Läden und klauen das Essen. Mit ihnen ist also
nicht zu spaßen.
Registrierung
In der ersten
Woche habe ich mich mit 2 Angestellten von SCAN auf den Weg gemacht,
um mich in Chittoor zu registrieren. Diese Begegnung mit den
indischen Behörden hat sich schwieriger gestaltet, als ich gedacht
habe, und war eigentlich auch ganz amüsant. Wir wurden 2 Tage lang
zwischen zwei Behörden hin und her geschickt, weil Stempel fehlten,
der Vorsitzende nicht da war und so weiter. Bei allem stand ich
eigentlich ahnungslos daneben, da Elizabeth und der andere
Mitarbeiter fast gar kein Englisch konnten und meine Tamilkenntnisse
sich noch auf fast null belaufen. Nach langem hin und her wurden wir
dann weiter vorgelassen und kamen in die Wartehalle. Das muss man
sich jedoch alles provisorischer vorstellen, als es rüberkommt. Dort
trafen wir erst mal eine Gruppe von Demonstranten, die sich „Green
Ganesha“ nannten und als Umweltschützer unterwegs sind. Nach 2
Stunden kam ich dann endlich zu dem Vositzenden. Dieser nahm mich so
freundlich auf, war der erste der Englisch sprach, interessierte sich
für Deutschland und nach ein bisschen Smalltalk war die
Registrierung in 2 Minuten geschehen und ich hab sogar die Mail &
Telefonnummer bekommen, falls ich irgendwelche Probleme habe. So
einfach kann es dann doch gehen.
Alltag
Kommen wir zu
meinem Leben in Chittoor. Ich lebe in einem Haus mit der Mutter
meines Chefs und ihren 2 erwachsenen Söhnen. Die Familie hat sogar
eine Waschmaschine und eine provisorische Dusche und zählt wohl zu
den etwas wohlhabenderen Familien. Ich arbeite im Moment in einem
Center von SCAN, dem „Johnson Institute Of Vocational Training“. Es werden Computerkurse, Nähunterricht
und Englischunterricht angeboten. Der Center ist in einem Mietshaus
und sehr klein. Bald habe ich dort mit meiner Arbeit
angefangen. Ich unterrichte Deutsch für eine Gruppe von 18-Jährigen.
Die Größe der Gruppe kann ich nicht sagen, da jeder kommt, wenn er
Lust dazu hat. Deutsch zu unterrichten gestaltet sich etwas
schwierig, da die Inder natürlich Probleme mit der Aussprache haben
und die meisten gar kein Englisch können. Aber ich sollte in der
ersten Zeit kein Englisch sondern Deutsch unterrichten, da die
Schüler das gerne so wollen würden. Fast jeden Tag gehe ich nach
der Deutschstunde in den Nähunterricht, um Kontakt mit den Menschen
aufzunehmen. Sie sind ganz versessen darauf, mit etwas beizubringen.
Doch dort wird nur Miniaturkleidung genäht, um Stoff zu sparen. Also
war ich die erste Zeit damit beschäftigt aus Zeitungspapier
Puppenkleidung mit der Hand zu nähen. Den größeren Sinn muss ich
noch herausfinden, aber sie hatten auf jeden Fall ihre Freude dabei,
mir zuzusehen. Das Erklären gestaltet sich auch sehr schwierig, da
der gesamte Kurs+Lehrerin fast kein Wort Englisch spricht. Trotzdem
ist es eine sehr warmherzige Gruppe und wir lachen viel.
Danach gehe ich
nach Hause, um Mittag zu essen. Eigentlich soll ich mich am
Nachmittag um ein Proposal kümmern. Das ist ein Bericht über die
Organisation, der an Spendenorganisationen geschickt werden soll.
Dafür brauche ich natürlich Informationen über SCAN und alle
Aktivitäten, die sie machen, von denen viele nicht mehr aktuell
sind. Ich warte schon vergeblich seit 2 Wochen darauf und mir wird
jeden Tag versichert, dass ich sie morgen auf jeden Fall bekomme....
Da ist sonst
nachmittags nichts zu tun habe und sowieso auf der Suche nach anderen
Freiwilligen war, habe ich mich nach anderen Projekten mit
Freiwilligen umgeschaut und die einzige andere Freiwillige in ganz
Chittoor gefunden! Sie ist im „Sherman Memorial Girls Boarding Home
and High School“ (einem christlichen Mädcheninternat) und arbeitet
dort hauptsächlich im Hostel, das von der Organisation Indienhilfe
unterstützt wird. Die meisten Nachmittage verbringe ich dort mit
Miriam zusammen.
Die Mädchen sind
alle super lieb und haben mich freundlich aufgenommen. Wenn ich dort
hinkomme, sagt jedes Mädchen „Hi, Sister. How are you?“ und
wollen unbedingt mit einem reden. Da kann es auch mal eine halbe
Stunde dauern bis man vom Campusgelände herunter ist. Wir spielen
manchmal mit den Mädchen, sind bei den „wardens“ im Büro,
helfen in der Küche oder gehen auf den market. Die zwei Wardens sind
für die Kinder von Indienhilfe und auch für Miriam zuständig. Sie
haben mich so herzlich aufgenommen. Auch der Tee am Nachmittag ist ein Muss, was mich doch
sehr an die Briten erinnert. College und Hostel sind in alten
Gebäuden aus der Kolonialzeit und die Menschen dort versuchen mit
dem wenigen, das sie haben, den Mädchen eine gute Bildung und
Zukunftsaussichten zu verschaffen.
An einem Sonntag
haben Miriam und ich geholfen, für alle Kinder (ca.100) Chapati
mitzumachen, was auch fast den ganzen Tag dauert. Wir wurden in die
Kunst eingeführt und ich hab es mir gleich aufgeschrieben, damit ich
es nicht vergesse!
Letztens haben wir
auch eine Art Schatzsuche für die Kinder veranstaltet. Doch die
Mädchen waren so begeistert und aufgedreht, so etwas zum ersten Mal
zu machen, dass alles im Chaos versunken ist und alle nur noch umher
gerannt sind, um schnellstmöglich den Schatz zu finden.
Alltag ist auch,
dass sich hier das ganze Leben nach dem Strom legt. Dieser ist jeden
Tag von ca. 11-1 Uhr und von 4 Uhr bis in den frühen Morgen
vorhanden. Man wartet eigentlich die ganze Zeit darauf, dass der
Strom wiederkommt, damit es mit dem Ventilator etwas erträglicher
wird, man sich kühle Getränke kaufen kann und so weiter. Hier ist
das ganze Leben darauf ausgelegt, dass es nicht die ganze Zeit Strom
gibt. Lebensmittel können nicht wirklich gekühlt werden, Büros
funktionieren nur zu den bestimmten Zeiten, Computerunterricht geht
auch nur in der Theorie und Näherinnen nähen meist mit
Handmaschinen. Eigene Generatoren sind teuer und nicht alle Geschäfte
können sich das leisten.
Am Anfang durfte
ich noch nicht alleine auf die Straße und wurde immer von den
Angestellten gebracht, mit Riksha oder Mofa nach Hause gefahren. Doch
das Problem ist, dass man beim Mofa im Damensitz fährt, aber
natürlich nicht den Fahrer berühren darf, um sich festzuhalten. Da
hatte ich ganz schön Ängste auszustehen! Mittlerweile darf ich
alleine raus, doch meine Familie macht sich schon ziemlich Sorgen. Jedes
Mal wenn ich das Haus verlasse, starren mich fast ausnahmslos alle
Menschen an. Langsam habe ich mich daran gewöhnt, doch am Anfang war
es schon sehr befremdlich. Doch Inder starren nicht unauffällig.
Personen zeigen auf mich, reden merklich über mich, tuscheln, lachen
und wollen mich gerne ansprechen und manche machen heimlich Fotos von
mir. Man wird oft auf der Straße von Menschen angesprochen. Viele
Schüler versuchen mit mir zu reden und ihre Englischkenntnisse
auszuprobieren. Wenn sie dann neben mir herlaufen, sind sie der Held
der Schule. Irgendwann lernt man, die meisten Zurufe zu ignorieren,
da man sonst gar nicht vorwärts kommen würde, aber ich hatte auf
jeden Fall schon einige nette Gespräche. Außerdem wird man meistens
„sister“ oder „auntie“ von den Schülern gerufen, wobei ich
mir bei „auntie“ schon ziemlich alt vorkomme!
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Sherman Hostel |
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Chapati machen mit den Mädchen |
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Miriam mit den Sherman Mädchen |
Menschen
Beeindruckend ist
auch die strenge Hierarchie, die überall zu herrschen scheint.
Solche Dinge, wer sich auf welchen Stuhl setzten darf und wer auf dem
Boden sitzt, sind wirklich bedeutend, und man muss ganz schön
aufpassen, keine Fehler zu machen!
Außerdem ist es
nicht ungewöhnlich, dass man eigene Diener für zu Hause hat, die
alle wichtigen Sachen erledigen. So ist zum Beispiel eine
Mitarbeiterin von SCAN – Elizabeth – hier ein bisschen für mich
zuständig. Sie kann leider kaum Englisch, doch ich versuche mich so
gut wie es geht mit ihr zu verständigen. Sie geht für SCAN in die
ärmeren Dörfer und muss oft mit Bussen fahren und dann laufen. Am
Anfang wurde sie jedes Mal angerufen, um mich irgendwohin zu bringen,
damit ich nicht alleine laufen muss. Dabei muss sie von ihrem Haus
ganz zu mir laufen und dann den ganzen Weg wieder zurück. Sie ist
älter, hat wirkliche gesundheitliche Probleme und muss ihre Kinder
durchbringen. Die Schulgebühren für diese kann sie fast nicht
aufbringen, da ihr Mann sie verlassen hat und keinen Unterhalt zahlt.
Nach vielem Hin und Her hab ich den Chef aber überzeugen können,
dass ich auch ohne sie zurecht komme. Denn sie tat mir wirklich Leid.
Die Trennung von
Männern und Frauen ist hier wirklich noch sehr zu merken.
Irgendwelche Zärtlichkeiten wie Händchenhalten in der
Öffentlichkeit sind sehr sehr selten und die meisten Hochzeiten sind
noch arrangiert. Insgesamt ist die Frau eher untergeordnet. Aber
trotzdem ist es sehr schlecht angesehen, eine Frau (wenn es nicht die
Ehefrau ist) zu belästigen. Egal wie eng es ist, ein Inder schafft
es immer dich in dem größten Gedränge nicht zu berühren.
Sprachen
Chittoor ist
wirklich ein bunt durchmischter Ort. Vor allem sprachlich, da es sehr
nach an Tamil Nadu liegt und auch nicht weit von Karnataka entfernt
ist. Hier wird wirklich genau soviel Tamil wie Telugu gesprochen.
Tamil ist die offizielle Sprache von Tamil Nadu und Telugu die von
meinem Bundesstaat Andhra Pradesh. An der Grenze hat sich das
natürlich vermischt und hier kommt man mit einigen Tamil Wörtern
schon sehr weit.
In meiner
Gastfamilie wird Tamil gesprochen und die Oma möchte mir unbedingt
das Alphabet beibringen, was aber über 100 Buchstaben hat! In meinem
Nähkurs wird allerdings nur Telugu gesprochen und sie wollen mir
unbedingt einige Wörter beibringen. Da ich noch nicht wirklich den
Unterschied zwischen beiden Sprachen hören kann, ist es insgesamt
sehr schwierig eine Sprache zu lernen, doch ein paar Tamil Wörter
hab ich mir schon eingeprägt, denn die Menschen hier freuen sich
sehr, wenn man versucht, ihre Sprache zu sprechen. Es gibt so viele
Schulen, die alle auf unterschiedlichen Sprachen sind (Englisch,
Tamil, Telugu) und viele Kinder müssen Telugu erst noch lernen, da
sie sonst nur schwer einen Job finden.
An das Englisch
hier und den starken Akzent musste ich mich erstmal gewöhnen. Und
für die Inder ist es genauso schwierig, mich zu verstehen! Mit
einzelnen Worten (auf keinen Fall Sätze) kommt man schon weit, wenn
es die Worte sind, die Inder kennen: Xerox-Kopie, current-Strom
(nicht electricity!), to let statt for sale und so weiter
Armut
An einem Tag habe
ich auch mit den SCAN-Mitarbeitern einen Ausflug in ein Dorf gemacht.
Das war wirklich so abgeschieden. Es führt keine richtige Straße
dorthin, überall sind Ochsenkarren und „autos“, die voll mit 15
Personen sind (sonst passen 4 Leute rein), weil sie sich sonst keine
Fahrt zum nächstgrößeren Dorf leisten können. Die Menschen dort
leben in Lehmhütten und haben meist eine Kuh oder Ziege, die ihren
Lebensunterhalt ausmacht. Sie müssen den ganzen Tag hart auf dem
Feld (vor allem Reisfelder) arbeiten, während sie keine Zeit haben
sich um die Kinder zu kümmern. Ich habe dort eine einfache Schule
und einen Child Care Center besucht, wo Kinder von 2-10 Jahren
hingehen können. So erhalten sie wenigstens eine grundsätzliche
Bildung und eine warme Mahlzeit am Tag. In der Schule, die wir
besucht haben, war nur das Problem, dass die Lehrer nur Tamil und die
Kinder nur Telugu gesprochen haben!
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Dorfschule |
Market
Oft gehe ich mit
Miriam und auch den Wardens zum market, um irgendwelche Erledigungen
zu machen. Man bekommt alles was man braucht, von Obst, Lebensmittel
und Blumen über Kleidung.Das Geschehen auf dem market ist wirklich
beeindruckend, denn obwohl keine „3 wheeler“ zugelassen sind, ist
die ganze Straße voll von Rikshas, Scootern und manchmal kommt auch
ein Ochsenkarren vorbei. Diese sehen wirklich beeindruckend aus, ganz
anders als in Deutschland, und sie malen die riesigen Hörner der
Ochsen bunt an. An dem Beginn vom Market wird man schön mit dem Bild
eines in 2 Hälften geteilten Mannes zu Verkehrssicherheit
aufgefordert. Was für eine schöne Begrüßung!
Oft gehen wir auch
zu dem Supermarkt, um uns mit Keksen, Trinken und einfach nur
salzigen und nicht scharfen Crackern zu versorgen. Wenn man hier zum
Bäcker geht, ist alles voll mit Süßigkeiten und Kuchen, der sich
nur aufgrund der Massen an Zucker bei der Hitze halten kann. Selbst
das Brot hier ist süß. Außerdem habe ich mir einige dresses (auch
salwar genannt) gekauft. Das tragen hier die nicht verheirateten
Frauen. Es besteht aus einer langen Hose, einem Kleid das über die
Knie geht und einem Schal, damit einem bei diesen Temperaturen auch
nicht kalt wird. Mit dieser Kleidung wird man auf der Straße nicht
mehr so sehr angestarrt. Es ist üblich sich den Stoff in Packungen
zu kaufen und ihn dann vom Tailor nähen zu lassen
(selbstverständlich Frauen und Männer getrennt), was kaum etwas
kostet. Außerdem hab ich schon meinen ersten Saree, den ich bei
Gelegenheit mal in der Öffentlichkeit tragen werde. Doch es ist sehr
ungewohnt, da er aus einem langen Unterrock, einer bauchfreien Bluse
und einem 5 Meter langen Stück Stoff besteht.
Die Männer tragen
hier, im ländlichen Bereich, oft ein lungi. Das ist ein langes Tuch,
dass sie sich wie ein Rock umbinden (das kann man sich auch
hochbinden) und mit dem sie über die Straße stolzieren. Das kann
auch leicht mal runterfallen und dann muss es eben in der
Öffentlichkeit neu gebunden werden. Oft sind die Menschen auch
barfuss unterwegs und in den meisten Gebäuden (Behörden, Schulen,
Häuser) zieht man sich seine Schuhe aus.
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Gemüsemarkt |
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Miriam und ich in indischer Kleidung |
Begegnungen mit Religion
In Indien ist
wirklich zu merken, das so viele verschiedene Religionen vorhanden
sind. Obwohl der Großteil Hindus ist, sieht man überall Moslems,
Moscheen und Kirchen. In
Chittoor kleiden sich die Moslems meist traditionell, um sich von den anderen
abzuheben. Das heißt, dass es einige verschleierte (mit unter auch
ganz verschleiert oder nur die Augen zu sehen) Frauen gibt und die
Männer meistens eine Art weißer Kappe auf dem Kopf tragen und sich
den Bart haben wachsen lassen. Jede Art von Haus, Geschäft, Auto
muss gleich allen Menschen ihre Religion kundtuen. So kommt es vor,
dass auf den Autorikshas entweder Mashalllah, Inshallah, Praise the
Lord, Jesus oder Om Sai Ram und noch viel mehr steht. In jeder
Behörde und in jedem Geschäft sind Bilder: entweder kleine
Hinduschreine, kitschige Jesusbilder oder arabische Schriftzeichen.
Doch hier ist die Toleranz nur in Ansätzen vorhanden. Ich habe mit Christen
gesprochen, die den Hinduismus sehr verurteilen und gerne alle zum
Christentum bekehren würden. Man akzeptiert sie, verurteilt es
jedoch im Gemeinen und hat meist Freunde, die die gleiche Religion
haben. Es ist anscheinend auch so, dass man als Christ geringere
Jobchancen in Ministerien und Regierungsbehörden hat, aber den
Wahrheitsgehalt kann ich nicht garantieren.
Christentum: Ich
lebe in einer christlichen Familie. Das Christentum unterschiedet
sich sehr sehr deutlich von dem, dass ich aus Deutschland kenne.
Überall im und am Haus sind Jesusbilder, Bibelverse und der Glaube
wird sehr extrovertiert ausgelebt. Bis jetzt war ich jeden Sonntag im
Gottesdienst und schon dort war mir zunächst einiges unbekannt. Das
erste Mal bin ich in Bangalore mit in eine Freikirche gegangen. Die
Gottesdienste laufen dort in Massen ab. Mein zweiter Gottesdienst war in Chittoor (natürlich
auf Tamil). Er dauert immer 2 Stunden oder länger und Männer &
Frauen sitzen meist auf getrennten Seiten. Die meisten Frauen dort
verschleiern sich, wenn sie beten oder im Gottesdienst sind.
Beeindruckend ist auch die unglaubliche Demut. In der Kirche robbte
auf einmal eine Frau verschleiert auf dem Boden zum Altar an mir
vorbei.
Ich
wurde von der Mitarbeiterin zu einigen Menschen gebracht, die für
mich gebetet haben. Wenn man mit diesen Menschen spricht, sind oft
die ersten Fragen „Bist du Christ? Wie oft betest du? Was ist deine
Lieblingsstelle? Beten deine Eltern?“ So ein extrem ausgelebtes
Christentum kenne ich persönlich gar nicht und auf mich wirkt es
schon fast wie eine neue Religion, die ich hier kennenlerne. Auch in
dem Büro von SCAN hängen Jesusbilder und deshalb habe ich einmal
nachgefragt, ob dies eine christliche Organisation ist. Sie meinten,
natürlich nicht, sie ist konfessionslos. Das passte für mich nicht
zusammen, weil überall im Center Bilder von Jesus hängen, doch sie
meinten dass dies nur wegen der Kultur so ist.
Ich kenne fast
ausschließlich christliche Personen, die man besonders grüßt
(Stotrum), doch ich finde es auch ein wenig schade, dass ich erst so
wenig vom Hinduismus mitbekommen habe.
Hinduismus:
Ein wenig habe ich auf jeden Fall mitbekommen. Fast jedes Geschäft,
jede Firma hat das Bild eines Gottes oder den Namen eines Gottes oder
Heiligen in seinem Namen. Alles ist voll mit Götterbildern, die man
in jedem Geschäft findet. In der Zeit, in der ich hier bin, war auch
schon gleich ein Feiertag: Ganesh Chathurti (Ganeshs Geburtstag), an
dem keine Schule und nichts war. Dort werden Schreine für
Ganeshtatuen gebaut (die bunt bemalt sind). Diese sollen dann in
einem Fluss oder See versenkt werden. Leider haben wir hier nicht
dergleichen und deshalb werden sie in Wasserpötten oder der
Badewanne versenkt. Der Feiertag sollte eigentlich nur einen Tag
dauern, hat sich aber 2 Wochen hingezogen, da jedes Wohnviertel
seinen Ganesh an einem anderen Tag versenkt hat. Sonst wäre nur noch
Chaos auf den Straßen. Ich habe einen Umzug in Bangalore gesehen und
der Lärm ist wirklich ohrenbetäubend. Es werden die ganze Zeit
Böller gezündet, laute Musik gespielt und die Statue durch die
Straßen getragen, mit tausenden Lichtern. Für diese Zeremonie
brauchen sie auch Bananenblätter. Einen Tag vor Ganesh Chathurti war
also die ganze Stadt voller Bananenblätter und Statuen. Natürlich
habe ich auch eine SMS bekommen, die mir Happy Ganesh Chathurti
gewünscht hat.
Das war jetzt ein erster langer Eintrag.Ich werde ab jetzt regelmäßiger und kürzer schreiben!