Sonntag, 14. Oktober 2012

Ausflüge

 In der vorletzten Woche standen einige Ausflüge an, von denen ich in diesem Eintrag schreibe.

Bangalore

Ich sollte auf einmal kurzfristig nach Bangalore fahren, um an dem Geburtstag der Tochter meines Chefs teilzunehmen. Das war schon eine aufregende Sache, das erste Mal ganz allein Bus zu fahren. Mit dem Auto fährt man 3 Stunden, doch mit dem Bus 6. Und bei dem Anblick der Busse kann man das auch verstehen. Vollgequetscht, klapprig, aber wirklich angenehm wegen dem Fahrtwind und da man die ganze Zeit die Landschaft betrachten kann. Für die 6 stündige Busfahrt habe ich 110 Rupien bezahlt, was ca. 1,50 ist. So lässt es sich gut reisen! Die Landschaft ist wirklich atemberaubend und man hat immer was zu gucken, vor allem wenn man durch die Dörfer an der Hauptstraße fährt. Zwischendurch steigen dann immer Snackverkäufer in den Bus ein und preisen ihre Waren an. Denn Inder können auf einer „Reise“ ohne Snacks nicht überleben habe ich das Gefühl. Zum Beispiel kann man auch frische Gurke oder Mango kaufen, nur dass darauf Chilipulver gestreut wird, da es sonst ja nicht scharf genug ist.

Die Geburtstagsfeier am nächsten Abend war ganz interessant. Es gab einen Kuchen, der ganz offiziell angeschnitten wurde und es wurden Bibelverse vorgelesen und Gebete gesprochen.
Am nächsten Tag hat mir dann mein Chef nahegelegt, nach Deutschland zurückzufliegen. Wegen einigen Problemen in meinem Projekt werde ich jetzt die Organisation wechseln, aber davon mehr, sobald ich Informationen habe!
Nach diesem Gespräch ging es dann schon früher als erwartet zurück nach Chittoor. Auf der Busfahrt kam es leider zu einem Zwischenfall, da ich von einem Inder belästigt wurde. Der Kontrolleur war aber sehr wachsam, hat den Bus sofort angehalten und ihn zur Polizei gebracht. Ich wusste leider überhaupt nicht was los war, da niemand Englisch konnte und musste leider mit ansehen, wie der Mann mit Schagstöcken verprügelt wurde. Ich habe dann gleich meinen Ansprechpartner vor Ort angerufen, der gekommen ist und die Sachen auf Tamil mit den Polizisten geregelt hat. Der Mann musste anscheinend noch die ganze Nacht bei der Polizei bleiben und hat seine gesamten Sachen verloren... Ich habe versucht zu erklären, dass in Deutschland andere Methoden herrschen, doch das hat niemand verstanden. Da es in Indien überhaupt nicht in Ordnung ist, wenn Männer Frauen belästigen, hatten alle eher gute Laune, weil sie dachten, dass sie etwas sehr Gutes getan haben. 

Chennai

Am nächsten Wochenende sind wir dann, nach viel hin und her und Unklarheiten, nach Chennai gefahren. Wir sind Miriam, die 2 Wardens vom Sherman College mit ihren Töchtern, Söhnen und anderen Verwandten und ich. Das waren insgesamt 13 Leute, die sich in eine Art Jeep gequetscht haben, den wir extra für den Tag mit Fahrer gemietet haben. Die Fahrt dauerte auch einige Zeit und so ging es dann früh morgens los. Statt um 4 um 6, typisch Indien. Mit lauter Essen und Snacks im Gepäck waren wir gut ausgerüstet. Außerdem haben wir einen Film bei der Autofahrt geschaut, für den sich unser Fahrer ein bisschen zu sehr interessiert und nicht mehr so oft auf die Straße geguckt hat. Zunächst haben wir einen alten Tempel in einem Dorf besucht, in den wir nicht ganz rein durften, da wir keine Hindus waren...
Danach ging es nach Mahabalipuram, einer Art alter Tempelanlage, die nur aus einzelnen riesigen Steinblöcken geschlagen ist.Wir waren es gar nicht mehr gewohnt an so einem touristischen Ort zu sein. Alle Verkäufer sind auf uns zugerannt und man war vollkommen überfordert. Außerdem haben wir die St. Thome Church besucht, in der angeblich die Gebeine des Heiligen Thomas liegen sollen. Sie setzen die schöne aber kitschige Kirche mit dem Petersdom und Santiago de Compostella gleich. Dort haben wir dann auch Deutsche getroffen, die an einer Hochzeit teilgenommen haben. Es war total ungewohnt, mit einer größeren Gruppe wieder Deutsch zu reden, aber ich habe mich wirklich gefreut, mal andere „Weiße“ zu treffen!
Die öffentlichen Toiletten sind auf jeden Fall auch ein Erlebnis: Es sind nur Löcher im Boden und man kann sich Wasser aus einem Tank mitnehmen...
Außerdem ging es zu zwei Stränden, denn Chennai liegt an der Küste. Das war wohl das Highlight für alle Inder, mit denen wir gefahren sind. Nur das man sich das anders vorstellen muss. Der ganze Strand ist voller Verkäufer, Stände, alten eingerosteten Karussels und natürlich Müll. Bei Wolken und Regen stehen die Inder dann am Wasser und gucken sich die Wellen an. Und zwar ist auf dem kilometerlangen Strand eine Linie zu erkennen. Kein Inder geht baden, man geht höchstens mit den Füßen etwas ins Wasser. Trotzdem hatten dort alle ihre Freude und waren danach noch schön beim Strand shoppen, wobei die Inder auf jeden Fall mehr zugeschlagen haben als wir!
Auf dem Rückweg haben die meisten geschlafen und ich wusste nicht in welchen eingequetschten Positionen es noch gemütlich sein kann!

unsere Gruppe (wie so oft bin ich die Größte!)
rituelle Badestelle am Tempel mit tausenden Fischen (die man als Punkte im Wasser erahnen kann)



Mahabalipuram


Strand typisch indisch

St. Thome Church (mit verschleierten Frauen)



Tirupati und Thirumala
An diesem Dienstag sind Miriam und ich dann noch ganz kurzfristig zu einem alten indischen Tempel, einer Pilgerstätte für Hindus gefahren, an dem sie Venkateswara, einen Avatar von Vishnu verehren. Doch leider war genau dann irgendein Feiertag und noch mehr Pilger als sonst waren dort (ca. 100.000)
Wir haben uns am Morgen mit allerlei Snacks und Essen ausgerüstet auf den Weg nach Tirupati gemacht, wo wir am Nachmittag eigentlich noch den Zoo besuchen wollten.
Dann ging es hoch in die Berge nach Thirumala, wo wir einige Ängste auszustehen hatten, da der Bus sehr nah am Abgrund gefahren ist (indischer Fahrtstil!) Als wir angekommen sind, haben wir erstmal gemerkt, wie riesig dort alles ist. Es ist ein riesiger Pilgerort mit Übernachtungshäusern, Appartements, Shopping Centern, Krankenhaus und so vielem mehr. Und eine Sache ist noch ganz beeindruckend. Die meisten Menschen opfern ihre Haare dort, damit sie sich einen großen Wunsch erfüllen können. Das heißt fast alle Menschen dort laufen mit Glatze herum: Männer, aber auch Frauen und Kinder! Einfach nur vom dem Anblick her hat man sich an ein Sträflingslager erinnert gefühlt.Also haben wir uns gleich verlaufen, wurden dann aber von einem der Helfer in die Schlange gestellt und waren damit erstmal ganz zufrieden. Nachdem alle Inder uns immer wieder darauf hingewiesen haben, dass wir unsere Schuhe ausziehen müssen und Handys und Kameras abgeben sollen, haben wir das alles in unserer Tasche versteckt. Wirklich überall auf dem ganzen Gelände liegen Schuhe. Unsere hätten wir sicherlich nicht wiedergefunden! Die Schlange wurde durch eine Art Käfig geleitet, der dünn und 4km lang gezogen ist, und das war schon die schnelle, teurere Variante. Nachdem wir 5 Stunden zusammengequetscht mit Hindu Pilgern gewartet haben, sind wir endlich zum Ticketschalter gekommen! Währenddessen haben wir tatsächlich zwei Inder getroffen, die Deutsch sprechen konnten. Bei dem Schalter waren überall Verbotsschilder mit Handy, Kamera, Taschenrechner und Kokosnüssen. Aus dem Taschenrechner bin ich nicht schlau geworden, aber Kokosnüsse werden geopfert, um sich von den Sünden reinzuwaschen, und so weiß wie das Innere der Kokosnuss zu werden (so habe ich es auf jeden Fall verstanden). In dem Haupttempel sollte man wohl keine Kokosnüsse opfern, weil es dazu einen eigenen Schrein gibt. Wir haben uns außerdem gewundert, warum keine anderen Touristen dort sind, bis uns zwei freundlich Pilger aus Mumbai gesagt haben, dass es auch eine Schlange für Touristen und Militär gibt, die viel schneller ist! Ein Dankeschön an die Mitarbeiter, die uns in die Pilgerschlange gestellt haben! Es gab ja kein Entkommen mehr aus den Käfigen... Beim Ticketschalter wurde uns gesagt, dass wir noch 3 weitere Stunden warten müssen. Dazu hat unsere Zeit einfach nicht gereicht , weil wir vor dem Dunkeln zurückfahren mussten. Die Entscheidung nach 5 Stunden vergeblichem Warten aus der Schlange zu gehen war für uns wirklich hart.
Wir konnten uns dann aber von außen den Tempel und die Anlage angucken (nur keinen Darshan im Tempel machen das haben wir an einem anderen Tag in einem Tempel nachgeholt, aber davon berichte ich in dem nächsten Eintrag). Dort konnten wir zum Glück noch andere Dinge angucken: kleinere Tempel, den Wassertank hinter dem Tempel (der auch eine rituelle Bedeutung hat und in dem die Männer baden), die Opferstelle für Kokosnüsse, ein kleines Museum und Elefanten mit religiösen Symbolen bemalt. Als wir eine kleine Essenspause gemacht haben, sind leider die Fotografen auf uns aufmerksam geworden. Sie wollten unbedingt ein Foto haben, um es bei ihren Fotobeispielen zu zeigen. Wer also Thirumala besucht, kann sich dann ein Bild von Miriam zeigen lassen! Ich war nach der ganzen Warterei wohl etwas zu geladen und habe nur die ganze Zeit vor mir hin geredet, dass man Menschen nicht beim Essen stört!
Auf dem Rückweg nach Chittoor ist uns dann ein Mann mit einem ganz kleinen erschöpften Mädchen begegnet, dass mit ihrer Mutter 8 Stunden warten musste. Ihre Mutter ist anscheinend krank geworden und der ihr wohl fast fremde Mann musste sie zurück nach Hause bringen, da morgen Schule war! Wir haben das Mädchen erstmal mit Essen versorgt, sie auf unseren Schoß gesetzt und schlafen lassen und ihr deutsche Gute-Nacht-Lieder vorgesungen. Zwei Weiße waren wohl auch etwas viel für sie, aber sie hat sich nicht beschwert und der Mann war auch ganz froh, dass sich jemand um das Kind kümmert.
Dafür wollte er uns dann unbedingt Ladoo andrehen (eine bräunliche Kugel), die man im Tempel bekommt. Weil es ihm wirklich eine Herzensangelegenheit zu sein schien, haben wir sie angenommen. Am Abend noch meinten die Wardens, die hätten vergessen uns von Ladoo zu erzählen, einer indischen Süßigkeit, die in Thirumala am besten sein soll. Sie hat auch wirklich gut geschmeckt!

Landschaft auf dem Weg nach Thirumala

Wartekäfige (die kaum die Realität widespiegeln)
Ich unter Hindu-Pilgern


Opferstelle für Kokosnüsse
Opferstelle mit glatzköpfigen Pilgern

Elefant mit religiösen Symbolen

Shuttlebus für Pilger
rituelle Badestelle hinter dem Tempel

Der Tempel
 Und nochmal danke an Miriam für die ganzen Bilder!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen