In der vorletzten Woche standen einige Ausflüge an, von denen ich in diesem Eintrag schreibe.
Bangalore
Ich sollte auf
einmal kurzfristig nach Bangalore fahren, um an dem Geburtstag der
Tochter meines Chefs teilzunehmen. Das war schon eine aufregende
Sache, das erste Mal ganz allein Bus zu fahren. Mit dem Auto fährt
man 3 Stunden, doch mit dem Bus 6. Und bei dem Anblick der Busse kann
man das auch verstehen. Vollgequetscht, klapprig, aber wirklich
angenehm wegen dem Fahrtwind und da man die ganze Zeit die Landschaft
betrachten kann. Für die 6 stündige Busfahrt habe ich 110 Rupien
bezahlt, was ca. 1,50 ist. So lässt es sich gut reisen! Die
Landschaft ist wirklich atemberaubend und man hat immer was zu
gucken, vor allem wenn man durch die Dörfer an der Hauptstraße
fährt. Zwischendurch steigen dann immer Snackverkäufer in den Bus
ein und preisen ihre Waren an. Denn Inder können auf einer „Reise“
ohne Snacks nicht überleben habe ich das Gefühl. Zum Beispiel kann
man auch frische Gurke oder Mango kaufen, nur dass darauf Chilipulver
gestreut wird, da es sonst ja nicht scharf genug ist.
Die
Geburtstagsfeier am nächsten Abend war ganz interessant. Es gab
einen Kuchen, der ganz offiziell angeschnitten wurde und es wurden
Bibelverse vorgelesen und Gebete gesprochen.
Am nächsten Tag
hat mir dann mein Chef nahegelegt, nach Deutschland
zurückzufliegen. Wegen einigen Problemen in meinem Projekt werde ich
jetzt die Organisation wechseln, aber davon mehr, sobald ich
Informationen habe!
Nach diesem
Gespräch ging es dann schon früher als erwartet zurück nach
Chittoor. Auf der Busfahrt kam es leider zu einem Zwischenfall, da
ich von einem Inder belästigt wurde. Der Kontrolleur war aber sehr
wachsam, hat den Bus sofort angehalten und ihn zur Polizei gebracht.
Ich wusste leider überhaupt nicht was los war, da niemand Englisch
konnte und musste leider mit ansehen, wie der Mann mit Schagstöcken
verprügelt wurde. Ich habe dann gleich meinen Ansprechpartner vor
Ort angerufen, der gekommen ist und die Sachen auf Tamil mit den
Polizisten geregelt hat. Der Mann musste anscheinend noch die ganze
Nacht bei der Polizei bleiben und hat seine gesamten Sachen
verloren... Ich habe versucht zu erklären, dass in Deutschland
andere Methoden herrschen, doch das hat niemand verstanden. Da es in
Indien überhaupt nicht in Ordnung ist, wenn Männer Frauen
belästigen, hatten alle eher gute Laune, weil sie dachten, dass sie
etwas sehr Gutes getan haben.
Chennai
Am nächsten
Wochenende sind wir dann, nach viel hin und her und Unklarheiten,
nach Chennai gefahren. Wir sind Miriam, die 2 Wardens vom Sherman
College mit ihren Töchtern, Söhnen und anderen Verwandten und ich.
Das waren insgesamt 13 Leute, die sich in eine Art Jeep gequetscht
haben, den wir extra für den Tag mit Fahrer gemietet haben. Die
Fahrt dauerte auch einige Zeit und so ging es dann früh morgens los.
Statt um 4 um 6, typisch Indien. Mit lauter Essen und Snacks im
Gepäck waren wir gut ausgerüstet. Außerdem haben wir einen Film
bei der Autofahrt geschaut, für den sich unser Fahrer ein bisschen
zu sehr interessiert und nicht mehr so oft auf die Straße geguckt
hat. Zunächst haben wir einen alten Tempel in einem Dorf besucht, in
den wir nicht ganz rein durften, da wir keine Hindus waren...
Danach
ging es nach Mahabalipuram,
einer Art alter Tempelanlage, die nur aus einzelnen riesigen
Steinblöcken geschlagen ist.Wir waren es gar nicht mehr gewohnt an
so einem touristischen Ort zu sein. Alle Verkäufer sind auf uns
zugerannt und man war vollkommen überfordert. Außerdem haben wir
die St. Thome Church besucht, in der angeblich die Gebeine des
Heiligen Thomas liegen sollen. Sie setzen die schöne aber kitschige
Kirche mit dem Petersdom und Santiago de Compostella gleich. Dort
haben wir dann auch Deutsche getroffen, die an einer Hochzeit
teilgenommen haben. Es war total ungewohnt, mit einer größeren
Gruppe wieder Deutsch zu reden, aber ich habe mich wirklich gefreut,
mal andere „Weiße“ zu treffen!
Die
öffentlichen Toiletten sind auf jeden Fall auch ein Erlebnis: Es
sind nur Löcher im Boden und man kann sich Wasser aus einem Tank
mitnehmen...
Außerdem ging es
zu zwei Stränden, denn Chennai liegt an der Küste. Das war wohl das
Highlight für alle Inder, mit denen wir gefahren sind. Nur das man
sich das anders vorstellen muss. Der ganze Strand ist voller
Verkäufer, Stände, alten eingerosteten Karussels und natürlich
Müll. Bei Wolken und Regen stehen die Inder dann am Wasser und
gucken sich die Wellen an. Und zwar ist auf dem kilometerlangen
Strand eine Linie zu erkennen. Kein Inder geht baden, man geht
höchstens mit den Füßen etwas ins Wasser. Trotzdem hatten dort
alle ihre Freude und waren danach noch schön beim Strand shoppen,
wobei die Inder auf jeden Fall mehr zugeschlagen haben als wir!
Auf dem Rückweg
haben die meisten geschlafen und ich wusste nicht in welchen
eingequetschten Positionen es noch gemütlich sein kann!
unsere Gruppe (wie so oft bin ich die Größte!) |
rituelle Badestelle am Tempel mit tausenden Fischen (die man als Punkte im Wasser erahnen kann) |
Mahabalipuram |
Strand typisch indisch |
St. Thome Church (mit verschleierten Frauen) |
Tirupati und Thirumala
An diesem Dienstag
sind Miriam und ich dann noch ganz kurzfristig zu einem alten
indischen Tempel, einer Pilgerstätte für Hindus gefahren, an dem
sie Venkateswara, einen Avatar von Vishnu verehren. Doch leider war
genau dann irgendein Feiertag und noch mehr Pilger als sonst waren
dort (ca. 100.000)
Wir haben uns am
Morgen mit allerlei Snacks und Essen ausgerüstet auf den Weg nach
Tirupati gemacht, wo wir am Nachmittag eigentlich noch den Zoo
besuchen wollten.
Dann ging es hoch
in die Berge nach Thirumala, wo wir einige Ängste auszustehen
hatten, da der Bus sehr nah am Abgrund gefahren ist (indischer
Fahrtstil!) Als wir angekommen sind, haben wir erstmal gemerkt, wie
riesig dort alles ist. Es ist ein riesiger Pilgerort mit
Übernachtungshäusern, Appartements, Shopping Centern, Krankenhaus
und so vielem mehr. Und eine Sache ist noch ganz beeindruckend. Die
meisten Menschen opfern ihre Haare dort, damit sie sich einen großen
Wunsch erfüllen können. Das heißt fast alle Menschen dort laufen
mit Glatze herum: Männer, aber auch Frauen und Kinder! Einfach nur
vom dem Anblick her hat man sich an ein Sträflingslager erinnert
gefühlt.Also haben wir uns gleich verlaufen, wurden dann aber von
einem der Helfer in die Schlange gestellt und waren damit erstmal
ganz zufrieden. Nachdem alle Inder uns immer wieder darauf
hingewiesen haben, dass wir unsere Schuhe ausziehen müssen und
Handys und Kameras abgeben sollen, haben wir das alles in unserer
Tasche versteckt. Wirklich überall auf dem ganzen Gelände liegen
Schuhe. Unsere hätten wir sicherlich nicht wiedergefunden! Die
Schlange wurde durch eine Art Käfig geleitet, der dünn und 4km lang
gezogen ist, und das war schon die schnelle, teurere Variante.
Nachdem wir 5 Stunden zusammengequetscht mit Hindu Pilgern gewartet
haben, sind wir endlich zum Ticketschalter gekommen! Währenddessen
haben wir tatsächlich zwei Inder getroffen, die Deutsch sprechen
konnten. Bei dem Schalter waren überall Verbotsschilder mit Handy,
Kamera, Taschenrechner und Kokosnüssen. Aus dem Taschenrechner bin
ich nicht schlau geworden, aber Kokosnüsse werden geopfert, um sich
von den Sünden reinzuwaschen, und so weiß wie das Innere der
Kokosnuss zu werden (so habe ich es auf jeden Fall verstanden). In
dem Haupttempel sollte man wohl keine Kokosnüsse opfern, weil es
dazu einen eigenen Schrein gibt. Wir haben uns außerdem gewundert,
warum keine anderen Touristen dort sind, bis uns zwei freundlich
Pilger aus Mumbai gesagt haben, dass es auch eine Schlange für
Touristen und Militär gibt, die viel schneller ist! Ein Dankeschön
an die Mitarbeiter, die uns in die Pilgerschlange gestellt haben! Es
gab ja kein Entkommen mehr aus den Käfigen... Beim Ticketschalter
wurde uns gesagt, dass wir noch 3 weitere Stunden warten müssen.
Dazu hat unsere Zeit einfach nicht gereicht , weil wir vor dem
Dunkeln zurückfahren mussten. Die Entscheidung nach 5 Stunden
vergeblichem Warten aus der Schlange zu gehen war für uns wirklich
hart.
Wir konnten uns
dann aber von außen den Tempel und die Anlage angucken (nur keinen
Darshan im Tempel machen das haben wir an einem anderen Tag in einem
Tempel nachgeholt, aber davon berichte ich in dem nächsten Eintrag).
Dort konnten wir zum Glück noch andere Dinge angucken: kleinere
Tempel, den Wassertank hinter dem Tempel (der auch eine rituelle
Bedeutung hat und in dem die Männer baden), die Opferstelle für
Kokosnüsse, ein kleines Museum und Elefanten mit religiösen
Symbolen bemalt. Als wir eine kleine Essenspause gemacht haben, sind
leider die Fotografen auf uns aufmerksam geworden. Sie wollten
unbedingt ein Foto haben, um es bei ihren Fotobeispielen zu zeigen.
Wer also Thirumala besucht, kann sich dann ein Bild von Miriam zeigen
lassen! Ich war nach der ganzen Warterei wohl etwas zu geladen und
habe nur die ganze Zeit vor mir hin geredet, dass man Menschen nicht
beim Essen stört!
Auf dem Rückweg
nach Chittoor ist uns dann ein Mann mit einem ganz kleinen
erschöpften Mädchen begegnet, dass mit ihrer Mutter 8 Stunden
warten musste. Ihre Mutter ist anscheinend krank geworden und der ihr
wohl fast fremde Mann musste sie zurück nach Hause bringen, da
morgen Schule war! Wir haben das Mädchen erstmal mit Essen versorgt,
sie auf unseren Schoß gesetzt und schlafen lassen und ihr deutsche
Gute-Nacht-Lieder vorgesungen. Zwei Weiße waren wohl auch etwas viel
für sie, aber sie hat sich nicht beschwert und der Mann war auch
ganz froh, dass sich jemand um das Kind kümmert.
Dafür wollte er
uns dann unbedingt Ladoo andrehen (eine bräunliche Kugel), die man
im Tempel bekommt. Weil es ihm wirklich eine Herzensangelegenheit zu
sein schien, haben wir sie angenommen. Am Abend noch meinten die
Wardens, die hätten vergessen uns von Ladoo zu erzählen, einer
indischen Süßigkeit, die in Thirumala am besten sein soll. Sie hat
auch wirklich gut geschmeckt!
Landschaft auf dem Weg nach Thirumala |
Wartekäfige (die kaum die Realität widespiegeln) |
Ich unter Hindu-Pilgern |
Opferstelle für Kokosnüsse |
Opferstelle mit glatzköpfigen Pilgern |
Elefant mit religiösen Symbolen |
Shuttlebus für Pilger |
rituelle Badestelle hinter dem Tempel |
Der Tempel |
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