Es wurde Sankranti
gefeiert und deshalb hatten wir ein verlängertes Wochenende.
Sankranti ist ein Hindu-Festival, bei dem in verschiedenen Formen der
Ernte gedankt wird. In Tamil Nadu zum Beispiel heißt es Pongal und
dort finden Bullenkämfe statt und es gibt das traditionelle
Reisgericht Pongal. Es werden Geldscheine an Bullen gebunden und die
Bevölkerung versucht diese abzureißen, wobei jedes Jahr Menschen
sterben. In Karnataka wird es anders begangen. Bei uns wurden die
Kühe mit gelbem Pulver angemalt, ein wirklicher Schock auf einmal
überall gelbe Kühe zu sehen! Außerdem gibt es traditionelle
Süßigkeiten.
gelbe Kühe! |
Biggi, Mia und ich
wollten Sankranti dazu nutzen, nach Wayanad zu fahren - ein
Nationalpark im Bundesstaat Kerala. Zunächst trafen wir uns jedoch
alle in Mysore und gingen zusammen ins Kino. Mein erster
Bollywood-Film in Indien! Obwohl er auf Hindi war und wir die Sprache
nicht verstehen konnten, haben wir den Inhalt verstanden. Matru Ke
Bijle Mandola war ein kritischer Film über die Macht der
Großgrundbesitzer, kommunistische Grundgedanken, Korruption,
Alkoholmissbrauch, arrangierte Ehe und natürlich letztendlich Liebe.
Der Film ging über mehrere Stunden, es wurde getanzt und gesungen
und wir hatten unseren Spaß.
Früh
am nächsten Morgen begann unsere Reise nach Wayanad. Es
wartete eine Menschenmasse genau auf diesen einen Bus, der nur selten
am Tag fährt. Als er einfuhr rannten alle Menschen los und warfen
ihre Taschen auf die Sitze. Zum Glück besetzte der Kontrolleur uns
Plätze und sorgte auch dafür, dass jede andere Frau einen Sitzplatz
hat.
Als wir im Bus saßen, viel uns auf,
das wir gar nicht gefragt hatten, ob der Bus wirklich nach Wayanad
fährt. Zum Glück tat er das! Unsere erste Station war dann die
Stadt Kalpetta, die in dem Gebiet gelegen ist. Dort ist das
offizielle Forstbüro, dass Safaris und Wanderungen organisiert. Doch
das sollte bis Dienstag wegen Sankranti geschlossen bleiben. Was für
ein Glück! Also fuhren wir zu einem der Eingänge des Parks und
erfuhren: Wanderungen gibt es nicht, Safaris starten alle um 3. Also
warteten wir und freundeten uns mit dem einzigen Kioskverkäufer an,
den es dort weit und breit gab. Um 3 Uhr versammelten sich immer mehr
Menschen und zusammen mit zwei Australiern, die wir dort
kennenlernten, und einem angeblichen indischen Arzt teilten wir uns
einen Jeep. Die Safari war relativ kurz und nicht wirklich
spektakulär. Wir hatten natürlich gehofft, Tiger zu sehen. Doch wir
sahen Wild und frei lebende Elefanten.
Elefanten |
Danach fuhren wir mit den
Australiern nach Kalpetta zurück. Doch mal auf eine andere Art uns
Weise. Per Anhalter! Unser Ziel war es, hinten auf einem der riesigen
Laster mitzufahren. Das klappte nicht. Aber wir durften zu 5 uns noch
in das Führerhäuschen eines LKWs hineinquetschen. Das muss ich
öfter machen!
Abends kamen dann die nächsten
Komplikationen. In dem Hotel der Australier war kein Platz mehr und
deshalb machten wir uns im Dunkeln auf die Suche nach einer anderen
Bleibe. Wir hatten auch eine gefunden, doch dieser wollte alle 3
Pass- und Visakopien haben. Und eine von uns hatte ihre Visakopie
nicht dabei. Nach sehr langer Diskussion sind wir dann gegangen. Wir
fragten in einer Apotheke, ob der Mann uns eine gute Unterkunft
empfehlen könnte. Dann erfuhren wir, dass in dem Distrikt die Regel
herrscht, alle Touristen innerhalb von 24 Stunden bei der Polizei zu
registrieren. Und dazu braucht man das Visum. Anscheinend geht die
Polizei sehr strikt dagegen vor und niemand wollte uns aufnehmen. Auf
einmal kamen dann immer mehr Menschen zur Apotheke und jedes Hotel
und viele Menschen in der Stadt kannten uns. Sie rieten uns, sofort
nach Mysore zurückzufahren. Sonst würde die Polizei uns finden!
Wir wollten uns nur noch schnell von
den Australiern verabschieden, die auch schon von einigen Menschen
von unserer Geschichte gehört hatten. Doch auf einmal hatte der
Hotelbesitzer noch ein Zimmer frei und wollte uns auch ohne da letzte
Visum aufnehmen. In ständiger Angst, das die Polizei anklopfen
könnte, wurde uns das Visum per Mail zugeschickt. So waren wir doch
noch auf der sicheren Seite.
Am nächsten Morgen machten wir mit den
Australiern eine Bergwanderung und bestiegen den Chemba Peak (2700
Meter). Zunächst fuhren wir zu dem Eingang des abgesperrten Gebiets,
bezahlten Eintrittsgeld und fuhren dann mit einer Riksha zum Anfang
des Berges. Auf dem Weg kamen wir durch neblige Teeplantagen und
durch den Nebel ragten überall Berge heraus. Der Ausblick war
atemberaubend.
Teeplantagen auf dem Weg zum Berg |
Voller Energie starteten wir die Tour und merkten
schnell, dass wir nach 5 Monaten ohne Sport schnell an unsere Grenzen
kamen. Denn es war kein Wandern, sondern richtiges Bergsteigen. Und
das im indischen Dress und Sandalen... Die Strecke nach oben betrug 3
Kilometer.
steiniger Weg |
Biggi und Ich auf dem Weg nach oben |
Während die Australier sind flink nach oben arbeiteten,
waren wir öfter kurz davor aufzugeben. Doch auf dem letzten Ende der
Strecke packte uns neue Energie und eine Euphorie, dass die letzten
Meter wie im Flug vergingen.
Euphorie auf den letzten Metern |
Wir bestiegen alle drei gemeinsam den
Gipfel. Und der Ausblick der sich uns jetzt bot und schon auf der
ganzen Strecke geboten hatte, war einfach nicht zu beschreiben. Auch
das Gefühl, was man dort oben hatte, lässt sich nicht in Worte
fassen.
Gipfelbild |
Ausblick |
Mia, Ich und Biggi auf dem Abstieg |
nach dem (herzförmigen) See kommt der Abgrund |
Auch die Australier erwarteten uns an der
Spitze. Aber sonst hatte es fast gar keiner der Inder geschafft, die
mit uns den Aufstieg begonnen hatten.
Der Abstieg war beschwerlicher,
da man sich um einiges mehr konzentrieren musste. Ich stürzte einmal
und unten angekommen waren wir alle fix und fertig aber glücklich.
Wir fuhren nach Kalpetta zurück und packten unsere Sachen, da uns
kein Hotel noch eine Nacht aufnehmen wollte. Also suchten wir eine
Unterkunft im Nachbarort Sultan-Batheri. Über einem Hotel
(Restaurant) fanden wir eine Lodge, die wirklich ekelhaft war. Ich
weiß nicht, welche Farbe die Wände einmal gehabt haben und alles
war voll von der fetttriefenden Luft des Hotels. Nach einem
Fruchtsaft, bei dem wir den Tag Revue passieren ließen, gingen wir
in unser kleines Loch und verriegelten die Tür mehrmals, denn die
Besitzer waren uns sehr suspekt. Morgens flohen wir dann auch schnell
wieder, schauten uns ein wenig die Stadt an und setzten uns noch
voller Erlebnisse im Kopf in den Bus zurück nach Mysore. Obwohl wir
Sankranti nicht „gefeiert“ haben, war das eines meiner schönsten
Wochenenden bis jetzt und die Besteigung des Chemba Peaks einer
meiner Höhepunkte!
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