Weihnachten
Weihnachten und
auch Silvester wird in Indien kaum gefeiert, denn die meisten
Menschen sind Hindus oder Moslems. Die wenigen Christen hier
verbringen das Fest mit ihrer Familie, einem kleinen behangenen
Plastikweihnachtsbaum und Faltsternen.
Ich wollte das
Fest mit anderen Freiwilligen zusammen feiern und wir haben uns auf
eine kleine Reise begeben. Zunächst starteten wir zu viert von
Bangalore aus. Zwei Freiwillige, die von der gleichen Organisation
waren, bei der ich in Chittoor immer geholfen habe und eine
Freiwillige aus dem hohen Norden Indiens. Hoa kannte ich schon aus
Deutschland von den Vorbereitungsseminaren und sie hat sich auf die
40-stündige Zugfahrt in den Süden gemacht, um mit uns Weihnachten
und Silvester zu feiern.
Unsere Pläne für
Weihnachten: Kerala!
Das erste Ziel war Kochi. Dort trafen wir uns
mit vier anderen Freiwilligen von FSL: Jakob, Arla, Mia und Alex.
Zusammen nahmen wir ein Hotel und verbrachten einen schönen Urlaub
zusammen. In Kochi ist der Großteil der Bevölkerung Christen und so
war alles voller Weihnachtssterne, Bäume, Girlanden und auch die
Inder waren in festlicher Stimmung. An unserem ersten Tag entdeckten
wir die Stadt mit ihren Bazaaren, dem portugiesischen Viertel und den
typischen Fischernetzen. Außerdem machten wir uns auf die Suche nach
Weihnachtsgeschenken! Wir machten Jul Club, also zog jede Person den
Namen einer anderen und sollte für diese ein Geschenk besorgen. Ich
hatte mir für Jakob einen weißen Lungi mit farbiger Borte in den
Kopf gesetzt, den man erstmal in einem tourischen Ort zu einem
humanen Preis finden muss! Letzten Endes wusste dann jeder Verkäufer
Bescheid, was ich suchte und man winkte mich am anderen Ende der
Stadt in die Läden: „Madame, I know, you search Lungi? I have chep
ones, good qualitiy.“. Abends gingen wir noch aus, lernten
interessante Menschen kennen und entspannten uns auf unserer
Dachterasse. Leider haben wir an diesem Abend nur sehr wenig Schlaf
bekommen und dann war auch schon der große Tag gekommen:
Heiligabend! Tagsüber machten wir eine organisierte Backwaters-Tour,
mal ganz touristisch. Unsere verschlafene Truppe wurde morgens mit
einem Bus vor unserem Hotel abgeholt um dann die längere Strecke zum
Ableger gefahren zu werden. Dort fuhren wir dann in einem Holzkanu
die kleinen Kanäle hindurch, mitten durch Dörfer und Dschungel. Zum Mittagessen auf einer Insel gab es typisches Essen aus Kerala, wo der Reis viel größer
ist und aufgedunsen aussieht (natürlich auf Bananenblättern).
Danach machten wir eine Tour auf einer Art Hausboot durch die großen
Kanäle, bei der die meisten von uns einschliefen. Ich genoss die
Tour zu aus Deutschland mitgebrachter Weihnachtsmusik, es ist doch
schließlich Heiligabend! Abends angekommen wurden noch die letzten
Vorbereitungen für den großen Abend getroffen. Wir hatten einen
Tisch in einem sehr noblen Hotel & Restaurant direkt am Wasser
reserviert. Zur Feier des Tages zogen Anna, Arla und ich einen Saree
an. Doch alleine können wir uns immer noch nicht in den 5 Meter
langen Stoff einwickeln. Also fragten wir unsere Hotelbesitzer. Dann
wurden wir gleich in das Haus der Großmutter bugsiert und dort von 3
Frauen eingekleidet. Danach gab es noch echten! Schokoladenkuchen und
selbstgemachten Wein (typisches Weihnachtssüßigkeit der
christlichen Inder). Auf dem Weg zum Restaurant waren wir natürlich
der Blickpunkt, alle wünschten sich gegenseitig „Happy Christmas“
- indische Version im Gegensatz zu „Merry Christmas“. Auch liefen
Menschen mit Weihnachtsmannmasken auf der Straße herum – doch die
Fratze erinnerte eher an Halloween. Das Essen war wirklich ein
Festmahl und bis jetzt auch das teuerste, das ich in Indien hatte
(400 Rupees – 7 Euro!). Aber die selbstgemachten Nudeln waren es
wert. Nach dem Abendessen fand dann die Bescherung auf unserer
Dachterasse statt. Wir sangen kurz Weihnachtslieder und packten die
Geschenke zu Kerzenlicht aus. Ich bekam 3 fabelhafte CDs mit
kitschiger indischer Weihnachtsmusik! Genau das richtige für meine
Sammlung an Weihnachtsliedern. Auch alle anderen waren glücklich mit
ihren Geschenken. Um 12 gingen wir dann zu der Mitternachtsmesse in
der alten katholischen Basilica. Dort tummelten sich hunderte
Menschen, die gar nicht alle in die Kirche passten. Inder, Weiße,
kleine Kinder, alte Menschen. Die Stimmung war schön. Man stand vor der Kirche in
den Menschenmassen und von innen ertönten Weihnachtslieder wie
„Adeste Fideles“, alles war mit Lichtern behangen und Sternen
geschmückt. Danach folgten noch Telefonate mit Freunden Daheim und
in der Welt verteilt. Ein ganz anderes Weihnachten – aber trotzdem
schön es mit so vielen netten Menschen zu verbringen. Und wirklich
das erste Weihnachten, an dem es über 30°C waren und alle ständig
geschwitzt haben. Und das obwohl im Moment Winter ist!
Am nächsten Tag
verstreuten sich alle, guckten sich die Stadt an, machten Besorgungen
und fuhren mit der Fähre zu den unterschiedlichen Inseln. Außerdem
hatten viele von uns „Skype-Verabredungen“ mit den Lieben Daheim.
So konnte ich wenigstens ein wenig an unserem alljährlichen
Familientreffen bei meiner Großmutter teilnehmen. Ich war ganz
aufgeregt alle nach so langer Zeit wieder zu sehen und habe mich
wirklich gefreut.

Die Zugfahrt
dorthin war definitiv ein Erlebnis. Nach einiger Verspätung drängten
wir uns mit unseren unreservierten Tickets in den überfüllten Zug.
Für uns blieb die schlechteste Klasse, Second Class. Dort saßen wir
oben gequetscht auf der Gepäckablage und versuchten uns so wenig wie
möglich zu bewegen. Für diese 4 Stunden ließ es sich definitiv
aushalten wir sind wirklich mal wie die Inder gereist. Uns blieb nur
eine kurze Zeit in Varkala und wir schauten uns den Strand und die
Läden an und verbrachten einen netten Abend, auch wenn wir eine
unangenheme Begegnung mit einem Kellner machten. Dieser war sehr
unfreundlich zu uns, begann uns dann jedoch von seinen
Familienproblemen zu erzählen. Am nächsten Tag sahen wir wie eine
Gestalt wortwörtlich aus einem Hintereingang auf die Straße
geworfen wurde, sich dort den Kopf anstieß und dort zusammengekauert
liegen blieb. Dies war unser Kellner, der komplett betrunken zu sein
schien, und das war am nächsten Tag um die Mittagszeit. In Varkala
war es zwar heiß, aber bewölkt. Einige von uns gingen baden und wir
gaben ein Interview für einen indischen Fernehsender, in dem wir am
Ende „Merry Christmas and a Happy New Year“ hereinbrüllten. Das
Video habe ich leider nicht gefunden..
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Fischer |
Hoa, Anna, Seppel
und ich machten uns am nächsten Tag schon wieder auf den Weg zurück
nach Kochi, weil von dort unser Bus nach Mysore gehen sollte. Diese
Zugfahrt war wieder ein Erlebnis. Als wir in die Second Class
einsteigen wollten, zeigte man einen Waggon weiter, dieser wäre
richtig. Das war aber Sleeper Class, und dort hatten wir mit unseren
Tickets keinen Platz. Als wir dann nochmal versucht in die Second
Class einzusteigen, versperrte man uns den Weg und drückte uns
heraus. Wahrscheinlich haben sich die Inder Sorgen um uns gemacht.
Der Zug setzte sich dann in Bewegung und wir sprangen mit unserem
ganzen Gepäck dann in den fahrenden Zug in die Sleeper Class. Dort
saßen wir dann nicht auf Sitzen sondern im Türeingang. Wenn man den
Gestank der Toilette ausblendete war es wunderschön, da wir den
Blick nach draußen genießen konnten. Kerala hat eine bezaubernde
Landschaft und ist einfach einer der schönsten Bundesstaaten.
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Klippen von Varkala |
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Die ganze Gruppe am Strand |
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Blick aus dem Zug |
Abends
nahmen wir dann den Bus nach
Mysore.
Silvester
In Mysore schauten
wir uns tagsüber den Palast und den riesigen Market an, um uns am
Nachmittag schon wieder auf die Weiterreise zu begeben. Anna und
Seppel fuhren zurück in ihre Projekte.
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Anna, Ich und Hoa vor dem Palast |
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Mahendi, das Hoa und Ich uns für Silvester machten |
Hoa und ich trafen zwei
andere Freiwillige: Biggi und Judith. Unser Ziel für Silvester –
Goa!
Wie
immer eine holprige Busfahrt mit dem Governmental Bus durch die
Berge. Angekommen in Panaji hatten wir das gleich Ziel wie letztes
Mal – Anjuna! Diese Stadt. Ich weiß nicht, warum es uns immer
wieder dorthin treibt. In Anjuna angekommen merkten wir schnell, das
wir uns in der Haupttouristensaison befanden. Die Preise für Hotels
waren 5 bis 10 mal so hoch, verglichen zu unserem letzten Mal und das
meiste war ausgebucht. Zum Glück zeigte uns ein Ladenbesitzer ein
erschwingliches Hotel ein wenig abseits vom Strand. Wir verbrachten
die Tage am Strand und gingen abends aus. Am nächsten Tag erkundeten
wir mit denm Bus in wenig die Gegend und landeten in Candolim –
schrecklicher, touristischer Strand, an dem am Tag vorher ein
Festival zu Ende gegangen war. Hätten wir das gewusst. Doch dort
lernten wir eine Gruppe von älteren Indern und deren Familie aus
Mumbai kennen, die anscheinend Filmroduzenten waren. Diese luden uns
für den Abend ein und nahmen uns mit in den nächstgelegenen Ort. Am
nächsten Tag war auch schon Silvester und es kamen auch noch unsere
Gefährten aus Kochi nach, die Probleme mit ihrer Busfahrt gehabt
hatten, aber es zum Glück ünktlich zu Silvester geschafft haben.
Plötzlich tummelten sich immer mehr Freiwillige, die man kannte, in
Anjuna herum. Wir lernten noch mehr neue Menschen kennen und
verbrachten den Abend alle zusammen. Immerhin waren wir 4 ½ Stunden
früher im neuen Jahr! Auch wenn der Jahreswechsel nicht groß
zelebriert wurde und eher in den Menschenmassen unterging. Ich
tätigte einen Anruf nach Hause. Meine Mutter befand sich im Jahr
2012 und ich schon im Jahr 2013. Das ist verrückt!
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