Mysore
Bye bye Chittoor, auf ins Abenteuer!
Die erste Station meiner Reise war Mysore. Der Weg dorthin war schon
aufregend. Begonnen hat er nachts von Chittoor nach Bangalore, wo ich
mitten in der Nacht auf dem großen Busbahnhof angekommen bin. Da so
etwas zu gefährlich für eine Frau allein ist, hat mich bis dorthin
ein Angestellter von SCAN begleitet. Leider endete in Bangalore alles
im Chaos, da der Mann leider komplett keine Ahnung von den Bussen
nach Mysore hatte. Ich rannte also die ganze Zeit mit dem gesamten
Gepäck hinter ihm her, wenn er die verschiedenste Leute fragte, und
sollte alleine auf ihn warten. Da wäre ich alleine wirklich noch
sicherer gewesen!
Schlussendlich war der Bus nach Mysore
anscheinend gefunden, eine rasche Verabschiedung und ich entspannte
mich, bis der Kontrolleur kam und nur 8 Rupees für das Ticket
wollte. Das kann doch nicht angehen? Konnte es auch nicht. Ich saß
im Stadtbus zu einer anderen Busstation, habe dann aber doch noch die
richtigen Busse gefunden. Erschöpft aber glücklich kam ich dann
morgens in Mysore an, nachdem ich mehrmals komplett übermüdet an
der falschen Haltestelle aussteigen wollte und mich die Leute im Bus
zum Glück noch davon abgehalten haben.
In Mysore sollte ich Biggi treffen, die
ich schon aus Deutschland kannte und die als Freiwillige in Mysore
arbeitet. Das war aufregend! Sie kam mit einer Gruppe anderer
Freiwilliger von einem Workcamp, meine ersten Weißen seit einigen
Wochen! Ich bin schon wie die Inder geworden und starre nur noch die
Weißen an. Die Wiedersehensfreude war groß und ich war ganz
überfordert von den ganzen neuen Eindrücken. Glücklich saß ich
dann mit Biggi im Bus zu ihrer Gastfamilie, wo ich für die Nacht
unterkommen sollte. Mysore, eine Touristenstadt, sowas war ich nicht
gewohnt. Lauter Weiße und lauter Menschen, die einem alles mögliche
verkaufen wollten.
Ich wurde dann von der Familie gleich
herzlich und laut aufgenommen. Und was am schönsten war, ich konnte
mit Biggi über alles erlebte sprechen und mich mit ihr über unsere
Erfahrungen in Indien austauschen,die zu dem Zeitpunkt so
unterschiedlich und gleichzeitig so ähnlich waren.
Abends haben wir dann noch einen
Ausflug nach Hunsur zu anderen Freiwilligen gemacht. Dort wurden wir
von einer Parade durch die Stadt überrascht. Immer noch ein
Stadtviertel, das Ganesh Chathurti feiert & ihre Ganesh Statue im
See versenken möchte, obwohl das Fest schon seit einigen Wochen
vorbei ist. Menschen in Kostümen, Trommler und eine riesige mit
Blumen behangene beleuchtete Statue! Die Trommler bildeten einen
Kreis um uns und wir tanzten mit den Indern zu der Musik. Was für
ein toller erster Abend. Das war das Indien, das ich mir die ganze
Zeit vorgestellt habe.
Am nächsten Tag ging es zu einem
Hotel, das ich mir mit den beiden Freiwilligen Lea und Insa geteilt
habe. Gemeinsam wollten wir uns Mysore anschauen, in dem im Moment
Ausnahmezustand herrschte, da das Desara-Festival stattfand. Das
Desara Festival wird am größten in Mysore gefeiert, wobei es einen
riesigen Umzug durch die Stadt gibt (bei dem auch der echte Thron des
Maharadschas herumgetragen wird) und abends alles mit Lichtern
beleuchtet ist. Zusammen entdeckten wir den Palast des Maharadschas
und den riesigen Devaraja Market, der vor allem berühmt für seine
Farben und Öle ist. Wir waren alle ganz verzaubert. Dann wollten wir
vier noch in ein Restaurant zu einem gemütlichen Abendessen, bei dem
sich dann aber zufällig um die 30 verschiedenen Freiwilligen von FSL
ansammelten. So viele Deutsche auf einmal!
Dann kam der große Tag der Parade und
wir machten uns früh auf den Weg zum Palast, da die kleine Chance
bestand, noch eine Eintrittskarte zu bekommen, um die Parade vom
Palast aus zu sehen. Daraus wurde leider doch nichts und wir sputeten
uns, um noch einen Stehplatz an der Straße zu bekommen. Die
Menschenmassen waren wirklich unglaublich und die Sonne brannte auf
uns herunter. Wir sahen bemalte Elfanten, Tänzer, Menschen in
Kostümen und kleine Bühnen, die indische Mythen darstellen sollten.
Dann wurde es sehr unruhig, der Zaun hinter uns wurde eingetreten und
Inder rannten darüber. Und warum waren auf einmal nur Männer um uns
herum? Diese nutzten die Gelegenheit natürlich, mal einer weißen
Frau ganz nah zu sein. Also schnell aus den Menschenmassen in ein
gemütliches indisches Eiscafé und unseren Sonnenbrand pflegen.
Abends schlenderten wir durch die Straßen, die alle beleuchtet
waren. Das beeindruckenste war der Palast, der komplett mit
Lichterketten behangen war. Vom Chamundi Hill genossen wir dann den
Blick über die ganze Stadt und kamen dann erschöpft in unserem
gemütlichen Hotelzimmer zur Ruhe.
Die nächste Etappe der Reise war
Hampi, eine riesige Ruinenstadt inmitten einer steinigen
Berglandschaft. Mit Biggi, Lea, Insa und Benni (alle bekannte
Gesichter aus Deutschland) ging es im klapprigen „ordinary bus“
nach Hampi. Die perfekte Möglichkeit billig zu reisen. Die 12
Stunden Busfahrt haben uns nur 300 Rupees gekostet!
Es war magisch im Morgengrauen durch
die Bananenplantagen und alten Ruinen zu fahren und wir waren schon
begeistert, bevor wir ankamen. In unseren 4 Tagen sind wir viel durch
die alten Ruinen geschlendert und Hampi ist zu einem meiner
Lieblingsplätze in Indien geworden. Hampi ist keine Stadt, es
besteht komplett aus Lodges, Restaurants und Läden, die mitten in
die Ruinen hereingebaut sind, natürlich illegal. Deshalb werden sie
nach und nach alle abgerissen und man weiß nicht, wie Hampi in der
Zukunft aussehen wird. Zunächst erkundeten wir die alten Tempel in
der näheren Umgebung. Es machte wirklich Freude, einfach nur zu
sitzen und den Ausblick zu genießen und in den Ruinen
herumzuklettern. Abends zog es und dann noch in den großen Tempel,
der noch aktiv ist. Wir machten den Darshan mit, saßen auf den
aufgewärmten Steinen, lauschten den Gesängen und beobachteten die
Affen, die überall in der Anlage herumkletterten. Da sonst kaum
Touristen den Darshan im Tempel mitmachten und sich alle so darüber
freuten, dass wir indische Kleidung trugen, wurden wir oft
angesprochen und auch die Brahmanen freuten sich.
Am anderen Tag ging es auf die andere
Seite des Flusses, der Hampi teilt. Für uns ging es aber nicht in
den traditionellen Nussschalenbooten sondern in der kleinen Fähre
über den Fluss. Wir liehen uns dort Motorräder aus und erkundeten
mit ihnen die ganze Gegend. Ich saß bei Biggi hintendrauf und
natürlich sitzt man wie die Inder freihändig. Es war so ein tolles
Gefühl durch die Reisfelder und Berge zu fahren. Wir besuchten den
Hanuman-Tempel, der auf der Spitze eines Berges thront und zu dem man
anstrengende 600 Stufen heraufsteigen muss. Doch der Ausblick
entlohnte alles. Hanuman ist der Affengott und deshalb waren auch so
einige Affen dort oben anzutreffen, weshalb man wirklich auf sein
Essen aufpassen musste! In dem sehr kleinen Tempel saßen wir noch
längere Zeit und hörten den Gesängen zu, bekamen den langen roten
Strich auf die Stirn gemalt und bekamen Tee. Danach ging es an einen
See. Auf der Suche nach einem stillen Plätzchen landeten wir mitten
in einer Affenherde. Leider haben wir gerade unsere Bananen gegessen
und als die Affen auf einmal die Zähne fletschten, war es Zeit zu
verschwinden, da mit ihnen wirklich nicht zu spaßen ist. An der
Straße wurde uns dann noch von einem Schlangetempel im Dschungel und
einem Wasserfall erzählt. Das wollten wir sehen! Biggi und ich
wurden dann aber von einer Gruppe indischer Männer aufgehalten, die
uns die ganze Zeit die Hand geben wollten (was keine indische Frau
macht) und aufdringlich waren. Also fuhren wir schnell hinter den
anderen her, sahen jedoch hinter einer Kurve die Riksha mit den ca.
15 Männer hinter uns her jagen, die auf dem Dach saßen und aus den
Türen heraushangen. Sie verfolgten uns grölend und versuchten uns
anzufassen und auszubremsen. Und es war wirklich wie eine
Verfolgungsjagd. Da die Sonne schon unterging und sowas wirklich
gefährlich mitten im Dschungel werden könnte, drehten wir schnell
um und fuhren zurück. Wir setzten noch mit der Fähre über und
ließen den Abend ausklingen. Am nächsten Tag stiegen wir schon vor
Sonnenaufgang auf und gingen in den Tempel, in dem im Morgengrauen
ein besonderes Gebet abgehalten wird. Danach mieteten wir uns nochmal
ein Motorrad um unsere Seite des Flusses zu erkunden. Wir sahen
wirklich beeindruckende Tempelanlagen, die alle so weit verstreut
waren, dass man länger zu ihnen hingefahren ist. Für den einen
sollte man dann als Nicht-Inder 250 Rupees bezahlen (Eintritt für
Inder 10 Rupees), was uns zu viel war. Biggi und ich schafften es
dann jedoch den Ticketkontrolleur zu erweichen. Dieser meinte dann er
kauft uns ein Ticket für 80 Rupees. Das Geld wird er jedoch auf
jeden Fall behalten haben und wir sollten es ihm in einer Ecke im
Tempel geben. So ist es wohl mit der Korruption. Auf dem Weg zurück
ist jemandem von uns dann leider das Motorrad umgekippt, als sie
losfahren wollte. Zum Glück ist nichts passiert, aber das Motorrad
war so ziemlich kaputt. Es gab erstmal großes Drama und einen
Menschenauflauf um uns herum. Wir transportierten das Motorrad mit
der Riksha zurück nach Hampi und redeten eine Stunde auf den
Vermieter ein und erzählten die Geschichte, die wir immer erzählen:
Wir sind Voluntäre, arbeiten, leben für längere Zeit in Indien und
haben kein Geld. So war die Strafe, die wir für die Reparatur zahlen
mussten, nicht zu hoch war. Erleichtert stiegen wir noch schnell auf
einen Felsen um uns den Sonnenuntergang anzuschauen. Doch es
versammelte sich eine riesige Gruppe von Indern um uns, die einfach
die ganze Zeit ungeniert Fotos von uns machten. Dies war schon die
ganze Zeit über der Fall gewesen. Ich möchte nicht wissen, was eine
Inder mit diesen Fotos anfangen. Diesmal war es wirklich zu viel für
uns und wir versuchten energisch zu erklären, dass wir nicht im Zoo
sind und nur ganz normale Menschen wie die Inder auch. Verstanden
haben sie es wohl nicht, aber irgendwann sind sie gegangen.
Am nächsten Tag erkundeten wir noch
einige Tempel und schauten uns gemütlich die Massen an Läden an.
Hampi ist nicht sehr groß und die ganzen Verkäufer kannten uns
schon. Es wird natürlich mit den drastischsten Maßnahmen versucht,
jemanden zum kaufen zu bewegen. Und da man auch eher oft gefragt
wird, wo man herkommt und wie man heißt, dachten wir uns unsere
eigene Geschichte aus, wenn uns einige Personen sehr komisch
vorkamen. Unsere Herkunftsländer waren Usbekistan und Armenien,
womit die Inder komplett nichts anfangen konnten und so auch nicht
ihre kleinen Deutschkenntnisse an uns ausprobiert haben.
Hampi wimmelt nur so von anderen
Touristen und wir haben viele nette und interessante Menschen
getroffen, die man zufällig immer wiedergesehen hat. Hampi liegt
wirklich im Nirgendwo und hat auch meist keinen Handyempfang.
Irgendwann bekam ich dann die SMS meiner Mutter: Bitte ein
Lebenszeichen. Sobald man auf Reisen ist, vergeht die Zeit so schnell
und man ist so mit den neuen Eindrücken beschäftigt, dass kaum Zeit
hat, an zu Hause zu denken.
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Unsere Reisegruppe (Biggi, Ich, Benni, Lea, Insa) |
Nächste Station:
Goa! Es wird
einem oft erzählt wie touristisch und unindisch Goa ist und dass man
es nicht unbedingt gesehen haben muss. Trotzdem wollten wir uns unser
eigenes Bild machen. Mit dem Bus ging es dann den holprigen Weg durch
die Berge nach Goa. Zum Glück hatten wir einen Semi-sleeper (der
besser als die ordinary Busse ist und bei dem man die Sitze
zurückklappen kann). Und da kamen wir dann in Goa, Panaji im
Morgengrauen an und hatten wirklich komplett keine Ahnung und keinen
Plan. Also haben wir uns einfach von irgendwelchen Riksha-Fahrern
einen Ort empfehlen lassen und uns mit Bussen nach Anjuna begeben.
Auf dem Weg trafen wir noch eine Belgiern, Celine, mit der wir uns
die Zeit über immer wieder getroffen haben. Der Ort war schön,
touristisch, voller Läden und verrückter Menschen. Wir verbrachten
vier schöne Tage am Strand und es fühlte sich wirklich wie Urlaub
an. Abends konnte man ausgehen und es war wunderschön, im Meer zu
tanzen. Wir haben Menschen kennengelernt und einige Abenteuer erlebt,
die man hier gar nicht alle beschreiben kann. Wir perfektionierten
unsere Verhandlungsfähigkeiten auf dem riesigen Flohmarkt und
mieteten uns ein Motorrad, um die umliegende Gegend zu erkunden. Dort
sahen wir schöne Strände und kleine Dörfer.
Natürlich ist Goa auch das, wofür es
bekannt ist. Die vielen Touristen, vor allem waren es Russen, liefen
in knapper Kleidung herum. Das war für uns zunächst schon eine Art
Kulturschock. Für uns war klar: Wir gehen wie die Inderinnen in
Klamotten baden und tragen ein Bindi. Indisches Essen war leider nur
schwer zu bekommen und einem wurden oft Drogen auf der Straße
angeboten.
Ich kann nur sagen, dass wir dennoch
eine tolle Zeit hatten und ich werde die Erlebnisse dieser ersten
Reise nicht so schnell vergessen. Es viel uns wirklich schwer
Abschied von dem Ort zu nehmen, doch wir mussten uns in dem holprigen
ordinary Bus auf die 14 stündige Rückreise machen.
Beneidenswert
AntwortenLöschenIch wünsche dir euch allen noch wundervolle
Begegnungen.
Du wirst immer schöner und es wirkt auf mich so, dass du tief eingetaucht bist in dein Indien
Umarmung